Türen stehen immer offen

Stadt und Liga der freien Wohlfahrtspflege unterstützen obdachlose Menschen

Martina Erhard - BNN 16.10.2020

Anlässlich der landesweiten Aktionswoche „Armut bedroht! Alle“ der Liga der freien Wohlfahrtspflege haben nun Bürgermeister Martin Lenz und Pfarrer Wolfgang Stoll, Vorsitzender der Liga, erklärt, mit welchen Angeboten sie Menschen unterstützen, die von sozialen Nöten betroffen sind. „Auch unter Corona-Bedingungen sollen alle die Möglichkeit haben, unsere Angebote zu nutzen“, betont Lenz. Er weist aber auch darauf hin, dass sich in Karlsruhe die Situation für wohnungslose Menschen seit dem Ausbruch der Pandemie nicht grundlegend verschlechtert habe. „Die Zahl der Betroffenen ist seit März nicht gestiegen“, versichert er. Das bestätigt auch Sonja Rexhäuser von der Fachstelle Wohnungssicherung: „Wir haben durchschnittlich 550 bis 570 Wohnungslose in Einrichtungen untergebracht“, sagt sie. Diese Zahl habe sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert. „Oberste Priorität ist es, den Menschen, die ihre eigene Wohnung verloren haben, einen Ort zu bieten, an dem sie sich 24 Stunden am Tag aufhalten können“, so Rexhäuser. „Es gibt jedoch Menschen, die das nicht möchten. Sie leben lieber auf der Straße.“ Stoll fügt hinzu, dass die Zahl der Obdachlosen in Karlsruhe extrem niedrig sei. „Wir haben weniger als 100 Obdachlose in der Stadt“, sagt er. Um auch diesen Menschen in den kalten Monaten unterstützend zur Seite zu stehen, werden ab dem 20. Oktober zwei Einrichtungen geöffnet, die als sogenannter Erfrierungsschutz dienen. Dort können zwar keine Einzelzimmer zur Verfügung gestellt werden, um aber die Menschen vor einer Corona-Ansteckung zu schützen, wird es ein Zimmer für Besucher mit Krankheitssymptomen geben.

Lissi Hohnerlein von SOZPÄDAL, einem Trägerverein, der unter anderem den Tagestreff für Frauen (TafF) in der Belfortstraße betreibt, weist darauf hin, dass es bezüglich der Wohnungslosen eine Dunkelziffer gebe: „Vor allem junge Leute, aber auch Frauen mit Kindern schlagen sich als Couch-Hopper durch“, sagt Hohnerlein und erklärt, dass diese Menschen immer tageweise bei Freunden und Bekannten unterkommen. Anita Beneta vom Diakonischen Werk berichtet, dass es auch unter Migranten aus Osteuropa eine versteckte Wohnungslosigkeit gebe. „Wir treffen immer wieder auf Menschen, die sich aus Angst vor den Behörden nicht um Hilfsangebote bemühen“, sagt Beneta. Mit der Zuweisung von Wohnraum sei es aber nicht getan, ist Pfarrer Stoll überzeugt: „Soziale Kontakte und Beratungsangebote sind – gerade auch in Corona-Zeiten – die großen Herausforderungen.“ Um so wichtiger sei es, das Engagement von Einrichtungen und Ehrenamtlichen zusammenzuführen, erklärt er und nennt als Beispiel die Vesperkirche: „So wie es jetzt aussieht, wird sie auch im kommenden Jahr stattfinden können“, sagt Stoll. „Um 300 Gäste pro Tag versorgen zu können, werden wir auf mehrere Veranstaltungsorte ausweichen“, erläutert er.

„Wer Hilfe braucht, wird nicht vor verschlossenen Türen stehen“, versichert Martin Lenz. Das Rathaus West mit der Fachstelle Wohnungssicherung stand auch während des Lockdowns immer offen. „Menschen in Notlagen, Menschen, die etwa einen Grundsicherungsantrag abgeben müssen, werden immer einen Ansprechpartner finden“, betont Lenz.

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